Gedichte

 

Herbstlicht

 

 

In erster Lilie vergiß nicht

bald fällt die Sonne hinter die Häuser beim Einzug

 

der kürzeren Tage – sie fassen die Nacht am Schlafittchen

tagträumend noch, schlafwandelnd schon

 

wohin du dann schaust: herbstlicht leuchtet

im Purpurkleid ruft dich das carpe diem

der Astern

 

 

(2016, unveröffentlicht)

 

Äquinoktium

 

 

vor Mitternacht, ein Zwischenreich, bewohnt von Geistern

Scheingefechten, abgerissenen Melodien,

Doppelkopfgelächter, Kopfsteinpflasterweisen –

alles tönt und treibt vorüber

 

wenn endlich ausgetrunken Weltgeschrei und Wein

näht sie für mich, die Zeit, mit ihrer ewig neuen Nadel

zusammen Tag und Nacht in Gleich und Gleich

und ruft den Märzenbecher

 

es mundet schon dem Ohr die Stille,

schwankend steht das Ich auf unsichtbarer Naht,

zählt nicht die Scherben, nicht die Schritte

und geht zur Ruh, bevor der frühe Vogel tagt

 

(2009*)

 

Dort wo

das Schweigen wohnt

dort wo

die Bilder ruhen

dort wo

der Klang vergeht

dort wo

der Raum sich weitet

dort wo

die Stille atmet

dort wo

Du bist: dort

Will ich bleiben.

 

Dort steht der leere Spiegelsaal

Bereit, das Himmelreich

Das uns versprochen ward.

 

(1984*)

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